Maluma 11

Kapitel XI

Aus der Sicht von Luca:

Es waren mittlerweile zwei Tage vergangen, seit ihrer Abreise. Luca saß am Bug und ließ die Beine baumeln. Maluma setzte sich neben ihn. »Hey, wie geht’s dir?« »Gut, aber…ich vermisse meine Mom.« Maluma schaute ihn mitfühlend an. »Ich vermisse sie auch. Hab‘ sie zwar kaum gekannt, aber… Sie fehlt mir.« Luca prustete los. »Ich wusste gar nicht, dass du meine Mom kanntest«, stellte er belustigt fest. Maluma schlug ihn spielerisch, lachte aber genauso laut. Plötzlich nahm ihr Gesicht wieder traurige Züge an. »Ich vermisse meine Mom, Idiot«, sagte sie mit belegter Stimme. Innerlich verfluchte er sich. War er zu weit gegangen? Er musste viel mehr aufpassen, wann er Scherze machte. Mit Reue in der Stimme, fragte er: »Ist…etwas passiert?« »Sie…ist nicht mehr da.« »Oh.« Sie schwiegen. Luca konnte sich kaum vorstellen, wie es war ohne eine Mutter zu leben. Und Maluma hatte noch nicht mal einen Vater. Abgesehen von Dionysos natürlich, aber Luca bezweifelte, dass er ein guter Vater war. »Wie bist du eigentlich aufgewachsen?« Maluma holte Luft. »Ich habe in einem Waisenhaus gewohnt. Es war schlimm, aber ich wollte nicht adoptiert werden. Es fühlte sich falsch an. Mit 10 bin ich weggelaufen. Hab‘ im Wald übernachtet. Jeden Tag hatte ich Angst getötet zu werden, aber ich habe mir Mut gemacht. Irgendwie hab‘ ich geschafft nicht zu verhungern. Irgendwann kam dann eine Nymphe. Sie sagte mir, ich soll ihr folgen. Sie hat mich zur Schule gebracht, wo ich dann Dad getroffen habe.« »Wie hast du überlebt? Ich meine, überall müssen doch Monster gewesen sein.« Maluma lächelte, was seinen Tag sofort verbesserte. »Ich hatte eine Waffe. Einen Stab, um genau zu sein. Sthenos. Ich habe ihn irgendwann vor meinem Nachtlager gefunden. Die Nymphe hat mir dann erzählt, dass er von meinem Vater war. Ein Geschenk des Himmels, sozusagen.« Sie saßen noch lange so nebeneinander, bis sie Ava rufen hörten. »Wir werden angegriffen!«, rief Ava ihnen zu. Schnell sprangen sie auf und Luca lief unter Deck, um seine Sachen zu holen. Der Gang war dunkel. Er sprintete in sein Zimmer und suchte vergeblich nach seinem Bogen. Nach fünf Minuten fand er ihn dann endlich unter einem Kissen vergraben. Schnell stürmte er wieder auf das Deck, wo gerade ein Meter lange Wesen, die aussahen, wie eine Mischung aus Seehund, Mensch und Hund die Reling hochkletterten. Es waren Dutzende Monster, alle mit Waffen und Rüstung ausgestattet. Es war das pure Chaos. Staub lag auf dem Deck und einige andere, Telchinen, wie er im Kurs von Chiron gelernt hatte, waren von Weinranken umklammert und wurden zerquetscht. Ava zerschlug gerade zwei mit ihrem Schwert und auch Luca fing an, auf sie zu schießen. Er ließ erst ein, dann zwei und drei zu Staub werden. Während er weiter schoss, kletterte er auf den Mast. Von hier konnte er den Überblick besser behalten. Unter sich sah er hunderte Telchinen im Wasser und auf dem Schiff. Schnell gab er einige Pfeile auf seine Gegner ab. Er wollte gerade einen weiteren Telchinen erledigen, als er ins Leere griff. Verdammt! Sein Köcher war leer! Wie konnte das passieren?! Er hatte ihn doch gestern erst aufgefüllt! Luca ließ seinen Blick über das Deck schweifen. Oh. Alle seine Pfeile lagen in kleinen Staubhaufen, die alle mal Telchinen gewesen waren. Er schaute sich um. Er musste handeln, sofort! Da entdeckte er einen Gegenstand. Einen alten Säbel. Er war ganz verrostet und sah längst nicht mehr so gut aus, aber es nützte nichts. Etwas Besseres würde er nicht finden. Er packte ein dickes Tau und stürzte sich vom Mast. Er hatte sich deutlich verschätzt und landete sechs Meter von den Telchinen entfernt. Egal, hauptsache er tat mal irgendwas! Mutig stürzte er sich ins Gefecht und schaltete fünfzehn Telchinen aus. Den Rest erledigten Ava und Maluma mit graziöser Leichtigkeit. Ava stach hier mal in die Brust und schlitzte dort ein paar Bäuche auf. Maluma ließ in der Zeit mehrere Telchinen auf einmal in Staub aufgehen, indem sie Ranken heraufbeschwor und sie einwickelte. Mindestens die Hälfte der Monster floh, die Augen vor Schreck geweitet, wieder in die Tiefen des Ozeans. Keuchend standen sie auf dem Deck. Sie blickte in die Ferne und jeder dachte für sich noch mal über den Kampf nach. Dann fingen sie an Witze zu reißen. »Habt ihr mich gesehen? Wie ich perfekt sechs Meter von der Schlacht entfernt gelandet und hingefallen bin? Das kann nicht jeder!«, sagte er grinsend. Maluma lachte lauthals. »Und wie ich erstmal drei Minuten gebraucht habe, um meinen Stab herbeizuholen?“ Ava verdrehte die Augen, aber als Maluma nachmachte, wie sie versucht hatte einen Telchinen mit den Armen zu fangen, musste auch Ava schmunzeln. Zum Glück war sie nicht beleidigt. Die drei alberten noch lange herum, bis  sie sich schließend vor Lachen auf dem Deck wälzten. Dann kehrte Stille ein. Für mindestens eine Stunde lagen sie schweigend auf dem Deck und beobachteten die Wellen und Wolken. Ab und zu machten sie sich auf interessante Entdeckungen aufmerksam. Luca war überglücklich, dabei sein zu dürfen. Vor allem mit Maluma zusammen… Er wusste nicht genau, was er für dieses mysteriöse Mädchen empfand. Er fühlte sich von ihr angezogen. Aber war da auch mehr? Und empfand sie dasselbe für ihn? Luca wusste es nicht. Er schaute an sich herunter. Er war übersäht von Kratzern und Schnitten, die ihm davor gar nicht aufgefallen waren. Ava sah ähnlich schlimm aus. Nur Maluma hatte keine blutigen Schrammen. Aber irgendwas glitzerte an ihr, er wusste nur nicht was. »Wir sehen ja schlimm aus,« bemerkte Luca, »ich hole Pflaster, Nektar und Ambrosia, wartet hier auf mich.« »Warte, ich komme mit!« Maluma sprang mit erstaunlicher Leichtigkeit auf. Plötzlich errötete sie. »Äh, natürlich nur, wenn das für dich OK ist?« »Klar, gerne!«, sagte er hastig. Zu hastig? Maluma sah ihn leicht verwirrt an und Ava schüttelte leicht fassungslos den Kopf. Sie murmelte irgendwas vor sich hin. Maluma und Luca gingen schnell unter Deck. In der Kombüse holten sie Nektar, Ambrosia und den Verbandskasten. Luca blieb stehen. »Äh…Maluma?« Sie drehte sich zu ihm um. »Ja?« Maluma klang hoffnungsvoll. »Ich wollte dir sagen…« Er brachte es nicht hinter sich. Schnell überlegte er es sich anders und sagte: »Du hast gut gekämpft!« Sie sah enttäuscht aus. Hätte er doch sagen sollen, was ihm auf dem Herzen lag? Egal, es war jetzt eh zu spät. »Danke, du auch.« »Najaa…« »Ich finde schon«, sagte sie mit einem Schulterzucken. Schweigend gingen sie nach oben. Etwas voneinander entfernt, versorgte sich jeder der drei selbst. Plötzlich hörten sie aufgeregtes Schnattern. Ava sprang auf und lief zur Reling. Was sie dort sah, schien sie deutlich zu freuen. Sie drehte sich zu den beiden um und rief: »Schnell! Klappt die Segel ein, wir sind da!«

Die Buchreihe ist eine Weiterführung der Buchreihen „Percy Jackson“, „Helden des Olymp“ und „Die Abenteuer des Apollo“. Der Charakter Chiron (als Unterrichtskoordinator ) stammen aus den Büchern von Rick Riordan.