Mein FSJ im ,,Ons Zentrum“

Beitragsbild: von Gerd Altmann auf Pixabay

Hey, ich bin Jule, ich habe 2022 am Humboldt mein Abi gemacht und war mir zwar sicher, dass ich studieren möchte, aber der Studiengang stand noch nicht so 100%ig fest. Außerdem wollte ich vor dem Studium noch irgendwas anderes machen als zu lernen.

Also habe ich mich für ein Freiwilliges Soziales Jahr, kurz FSJ, entschieden. Ich bin im Bereich der Suchtkrankenhilfe tätig, genauer im „Ons Zentrum“ und das würde ich euch gerne hier grob vorstellen.

In meiner Einsatzstelle habe ich es zum Glück sehr gut getroffen. Seit Mitte Oktober 2022 arbeite ich als FSJlerin im „Ons Zentrum“. Das ist eine suchtmittelfreie Kontaktstelle, welche zu den Caritas Sozialdiensten gehört. „Ons“ ist Plattdeutsch und steht für „Unser“, also „Ons Zentrum“ = „Unser Zentrum“.

Ein Teil des Hauses ist das „Café Ons Zentrum“. Ab 10:00 Uhr gibt es Getränke und von 12:00 bis 14:00 kann man Mittagessen aus der hauseigenen Küche bei uns verzehren oder mitnehmen.

Hier treffen sich auch täglich Freizeitgruppen, um z.B. Tischtennis, Karten oder Schach zu spielen oder einfach um zu quatschen.

Natürlich haben viele der Besucher (aber längst nicht alle) einen Suchthintergrund. Da kommt es vor, dass die Probleme, mit denen man zu Hause klar kommen muss, den Suchtdruck nur fördern. Auch dann kommen die Menschen zu uns. Um übergangsweise dieser Situation zu entkommen ohne dem Suchtdruck nachzugeben, klare Gedanken zu fassen und mit jemandem, der auch im „Ons Zentrum“ sitzt und einen Kaffee trinkt, zu sprechen. Und auch wir MitarbeiterInnen haben dafür immer ein offenes Ohr. Allerdings wird niemand bedrängt und wer einfach nur bei uns sitzen möchte, ist ebenso willkommen wie jemand, der das Gespräch sucht.

Sowohl das Café als auch die Küche werden größtenteils von Menschen mit einer Suchterkrankung betrieben.

Hier bei uns liegt Fokus auf der Rehabilitation. Wir wollen den Menschen den Wiedereinstieg in ein strukturiertes Leben ermöglichen bzw. erleichtern.

Außerdem befinden sich bei uns im Haus die Fachambulanz, die Fachstelle für Glücksspielsucht und ein Teil der Bereiche „Arbeit und Beschäftigung“ und „Ambulant betreutes Wohnen“.

In der Fachambulanz und der Fachstelle für Glücksspielsucht werden eine ambulante Therapie sowie eine Beratung vor allem für Menschen mit Suchterkrankungen, insbesondere Alkohol- und Glücksspielsucht, sowie Essstörungen angeboten. Zudem gibt es Angebote für Angehörige.

Die MitarbeiterInnen des Bereichs „Arbeit und Beschäftigung“ helfen KlientInnen beispielsweise sich zu bewerben oder überhaupt wieder ins Berufsleben einzusteigen und im Bereich „Ambulant betreutes Wohnen“ bekommen KlientInnen Unterstützung beim selbstständigen Wohnen in einer eigenen Wohnung und bei einer realistischen Zukunftsplanung. Die Menschen bekommen Hilfe bei alltäglichen Sachen wie z.B. dem Einkaufen, dem Haushalt oder dem Papierkram. Auch das ist ein unterstützendes Angebot, um dem Leben wieder ein bisschen Struktur zu geben.

Wie ich mich engagiere

Ich bin häufig im Café. Dort habe ich schon mit unheimlich vielen Menschen gesprochen. Die Meisten sind sehr offen und haben mir ihre ganze Lebensgeschichte erzählt. Vom Weg in die Sucht, davon wie sich sowas anfühlt, was eine Suchterkrankung für Probleme, auch später noch, mit sich bringt und auch wie sie entschieden haben, dass sich etwas ändern muss und wo sie Hilfe bekommen konnten. Sie sprechen über Klinikaufenthalte, den Entzug, über Rückfälle und das Leben ohne Suchtmittel.

Außerdem betreue ich mehrere Kindergruppen. Dieses Projekt heißt „KiZ“, kurz für „Kinder im Zentrum“, und richtet sich an Kinder sucht- und/oder psychisch belasteter Eltern.

Es geht darum, den Kindern einen Raum für offene Gespräche zu bieten und ihnen unsere volle Aufmerksamkeit zu schenken, da das in den Familien häufig durch die Erkrankung des/der Elternteils/Elternteile nicht gegeben ist.

Auch die Kinder erzählen viel und das ist oft ganz schön heftig. Man merkt jedes Mal wieder, wie wichtig es für sie ist in die Gruppe zu kommen.

Bei den anderen eben genannten Bereichen schaue ich ebenso ab und zu mal rein, unterstütze wo ich kann und habe ein offenes Ohr für jeden.

Was ich empfinde

Natürlich ist das für mich auch schonmal belastend, was sowohl die Kinder als auch die Erwachsenen mit mir teilen oder mitzubekommen, wenn es jemandem mal nicht so gut geht. Aber ich weiß, dass all die Menschen hier bei uns eigentlich gut angebunden sind, also auch immer Hilfsangebote in Anspruch nehmen könnten. Ob sie das im Endeffekt machen, liegt nicht in meinen Händen.

Ich habe zudem immer die Möglichkeit mit jemandem aus dem Team zu sprechen. Irgendwer hat immer ein offenes Ohr.

Die Arbeit hier ist gleichzeitig unheimlich bereichernd. Ich habe in der Zeit viel über das Thema Sucht gelernt. Meiner Meinung nach wird auch heutzutage viel zu wenig und unrechtmäßig abwertend darüber gesprochen.

Ich kann mich z.B. an Präventionsprojekten in Schulen beteiligen, kann an Gruppenangeboten für Betroffene teilnehmen oder kann bei Projekten wie dem „Café ARLO“, einem Frühstücksangebot für arbeitslose Personen, helfen. Manchmal gehören administrative Tätigkeiten auch dazu (Abrechnung, Einkauf, Essenskurier für KiTas und Seniorenmittagstische oder Recherche).

In der Zeit konnte ich viel für mich mitnehmen, mich weiterentwickeln und mir Zeit nehmen, um herauszufinden wie es weitergehen soll.

Inzwischen habe ich mich für den Studiengang „Humanmedizin“ beworben und meine Zeit hier im „Ons Zentrum“ geht dem Ende zu.

Was auch heißt, dass meine Stelle hier frei wird, die wir allerdings gerne wieder besetzen würden!

Ich konnte in diesem Artikel nur einen kleinen Teil dessen abbilden, was ich hier mache, aber falls ich dein Interesse geweckt habe, melde dich doch gerne bei uns im „Ons Zenrum“! (http://www.onszentrum.de).

Eine Telefonnummer findest du online. Die Stelle ist zudem auf der Seite des FSD unter „online Stellenbörse“ ausgeschrieben.

Eine Freundin hat mal zu mir gesagt, man könne Geld oder Zeit spenden. Und das, was wir beim FSJ machen, ist eben Zeit mit Menschen zu verbringen. Wir spenden ihnen Zeit, die sich sonst evtl. niemand für sie nimmt. Egal ob das an einer kritischen Lebenslage oder akutem Zeitmangel des Personals (Bsp.: Altenheim) liegt. Wir unterstützen Menschen mit unserer Zeit.

Ich kann jedem ein FSJ nur empfehlen. 🙂

Freie FSJ Stellen und online Bewerbungsformulare findet man zum Beispiel hier:

  • FSD online Stellenbörse
  • FreiWerk DRK
  • Freiwilligendienste Kultur und Bildung

Hilfreiche Links: